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Food Crash: Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr

Mit diesem außergewöhlichen Buch habe ich mich während meiner Ausbildung zur Dipl. Ernährungspädagogin (Institut Vonwald) genauer auseinander gesetzt, weil ich es für eine meiner Buchreflexionen ausgesucht hatte. Mich hatte der Titel besonders angesprochen, weil ich mich schon länger für die ökologischen Auswirkungen unserer Ernährung interessierte und diese Thematik damals einer der Hauptgründe für mich war, meine bisherige Ernährung zu hinterfragen. Im Endeffekt hatte ich noch einen starken Grund mehr, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und auf eine rein pflanzliche Ernährung umzustellen.

Zudem fand ich es schön, dass dieses Buch keine weitere wissenschaftliche Abhandlung über diese Thematik ist.


Vielmehr versteht sich das Buch als äußerst wertvoller und unterhaltsamer Diskussionsbeitrag auf vielen Ebenen. Ein Diskussionsbeitrag, der mir persönlich viele Zusammenhänge noch breiter offenbart hat.


Er macht auf einfühlsame aber klare Weise deutlich, mit welchem Ausmaß wir es zu tun haben, in Hinblick auf den Zusammenbruch des globalen Ernährungssystems - wenn sich nichts ändert bei den industriellen Agrarsystemen aber auch bei unserem eigenen Konsumverhalten.




Zum Inhalt

Grob zusammengefasst kritisiert der Autor in diesem Buch zurecht den von politischer Seite gedeckten und industriell organisierten Ausverkauf der globalen Ernährungsgrundlagen. Er zeigt auf, dass wir diese zerstörerische Ausbeutung unseres Planeten beenden müssen und welche Prozesse einzuleiten sind, damit mit den Ressourcen dieser Erde nachhaltig umgegangen werden kann.


Seine Kern-These lautet: Wir werden uns ökologisch ernähren oder gar nicht mehr. Die Versorgung der Welt mit Lebensmitteln ist in Gefahr. Knapp 1 Milliarde Menschen auf diesem Planeten (ver-)hungern, während der Rest der Welt immer dicker wird. Wenn sich die Ernährungsgewohnheiten und die Politik nicht ändern, wird es zu einem Kollaps des weltweiten Ernährungssystems kommen, weil die Weltbevölkerung immer weiter wächst und weil zugleich immer mehr landwirtschaftliche Produkte an Tiere verfüttert oder für die Industrie und die Energieerzeugung verwendet werden - anstatt das große Problem Welthunger anzugehen.

Tiere werden weltweit "erzeugt" und qualvoll gemästet mit Nahrungsmitteln die alles andere als artgerecht sind aber billig produziert werden können, während in so vielen Teilen dieser Erde Menschen hungern, weil sie keinen Zugang zu solchen Nahrungsmitteln haben - die aber eigentlich und hauptsächlich für die Menschen dieser Erde bestimmt sein sollten.

Zahlreiche Ernährungsgipfel mit internationalen Experten haben in der Vergangenheit keine Lösungen gebracht. Stattdessen ist die Zahl der Hungernden, die sich seit 1969 zunächst vermindert hatte, seit Mitte der 90er Jahre bis heute stark angestiegen. Besonders betroffen sind Länder wie Asien, wo die meisten Unterernährten leben; und Afrika, das die höchste Dichte an Hungernden aufweist. Besonders in ländlichen Gegenden hungern die Menschen – also dort, wo die Lebensmittel (eben hauptsächlich für die Tiermast und Energieerzeugung) angebaut werden. Was heißt, dass diese Perversion der Ungerechtigkeit darin gipfelt, dass die ärmsten Menschen dieser Welt nicht nur einen sehr schweren Zugang zu wertvollen Nahrungsmittlen haben, sondern auch noch in ihrem eigenen Land für einen Hungerlohn dafür arbeiten müssen, dass alle anderen Menschen auf diesem Planeten immer mehr bekommen - während für die eigenen Familien nicht genug übrig bleibt!


Seit vielen Jahren behauptet eine machtvolle Lobby von Lebensmittelproduzenten, Agrar- und Chemiekonzernen, dass wir massive Produktionssteigerungen bräuchten, um neun Milliarden Menschen auf der Welt zu ernähren. Dies sei nur mit Hilfe von Pestiziden, künstlichen Düngemitteln und Gentechnik möglich.


Löwenstein ist Experte im Bereich Agrarwissenschaft und erklärt sehr eindrucksvoll, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Denn industrielle Landwirtschaft verhindere nicht den Hunger, sondern produziere ihn sogar. Sie sei mitverantwortlich für die Zerstörung von Natur und den Lebensgrundlagen von Millionen von Bauern weltweit. Er zeigt anhand von spannenden und lebendig erzählten Beispielen, wie es im Einklang mit der Natur nachhaltig gelingen kann, die Ernährungsgrundlage der Menschheit zu sichern - und zwar weltweit!


Ganz toll finde ich persönlich auch, dass er konkret beschreibt, was wir Verbraucher und die Politiker tun können, um unsere Ressourcen zu schonen, die Gesetze der Ökologie zu beachten und unsere Ernährung mit hochwertigen und regionalen Bio-Nahrungsmitteln zu fördern.


Zusammenfassung seiner Fakten und Vorschläge

  • Menschen hungern nicht, weil zu wenig Lebensmittel produziert werden, sondern weil diese schlecht verteilt sind – obwohl eigentlich genug für alle da wäre.

  • Die Armen können sich bereits kein Essen mehr leisten, wenn der Preis für ihre Grundnahrungsmittel nur um wenige Cent steigt.

  • Die Preise steigen, wenn aus Lebensmitteln nicht Essen, sondern Tierfutter und Treibstoff gemacht wird.

  • Kleine Bauern gehen an der Abhängigkeit von den Düngern und Pestiziden der Chemiekonzerne und von den Kredithaien zugrunde.

  • Tiere werden mit Futterpflanzen qualvoll gemästet – das ist nicht nur grausam, sondern in der Folge bleibt auch weniger Acker für die Lebensmittel der Menschen übrig („Tiermast nimmt den Menschen das Essen weg“).

  • Wettbewerbsverzerrende Subventionen, z. B. für die Produktion von Biogas, müssen eingestellt werden.

  • Die Lebensmittelpreise müssen die Kosten der Umweltverschmutzung berücksichtigen, die sonst die Allgemeinheit zu tragen hat.

  • Erst dann werden Öko-Lebensmittel für den Konsumenten preislich interessanter.

  • Deutschland sollte eine Steuer auf Stickstoffdünger erheben und das Geld den Biobauern geben, die Hülsenfrüchte zur natürlichen Düngung anbauen.

  • Ökologischer Landbau mit organischer, natürlicher Düngung verhindert den Abbau von wertvollem Humus; die Humusgehalte steigen sogar an. Außerdem sei ökologischer Landbau weit weniger empfindlich für Klimaveränderungen als konventioneller Landbau.

  • Esst regionale, saisonale und biologische Lebensmittel, sowie weniger Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte. Mein persönlicher Tipp dazu: noch besser für Umwelt und Gesundheit wäre gänzlich auf tierische Produkte zu verzichten. Das ist heutzutage einfacher denn je. Tierische Lebensmittel haben kein Monopol auf irgendwelche Nährstoffe, die man nicht auch ausreichend aus pflanzlichen Lebensmitteln bekommt. Aber auch wenn der Verzehr nur deutlich reduziert wird, würde sich schon vieles bessern.


Meine Gedanken

Ich habe "Food Crash" mit großer Freude und Demut gelesen. Es bestärkte mich sowohl privat wie auch beruflich in meinen Absichten, den Menschen wieder näherzubringen, was pflanzliche Ernährung alles kann, wie weit eine Umstellung auch global betrachtet reicht und wie wertvoll der eigene Anbau von Nahrungsmitteln ist. Mir gefällt an dem Buch sehr gut, dass Löwenstein viele konkrete Tipps für die Konsumenten mit an die Hand gibt und uns an Dinge erinnert, die im Alltag leider oft vergessen werden, wie z.B. die fahrlässige Verschwendung von Lebensmitteln.


Unsere Landwirtschaft ist hochproduktiv und beschert uns Nahrung in verschwenderischer Fülle. Aber wenn sie dadurch den Klimawandel anheizt und die Ökosysteme zerstört, wenn Nahrungsmittel in den Treibstofftanks der Autos verschwinden und Tiere qualvoll vollgestopft werden mit Nahrungsmitteln die eigentlich den vielen hungernden Menschen zustehen würde, dann stimmt etwas gewaltig nicht im weltweiten Ernährungssystem. Es ist höchste Zeit, neue Wege in diesem sehr krank gewordenen System einzuschlagen! Löwenstein unterlegt mit seinen Geschichten aus der ganzen Welt, sowie durch seine eigene Arbeit auf seinem Biolandgut mit einprägsamen Zahlen, seine Forderungen mit prüfbaren Fakten.


Ich empfehle dieses Buch allen Landwirten und Politikern, sowie überhaupt all jenen, die sich mit dem Skandal von 1 Milliarde hungernder Menschen auf dieser Erde und unserem offensichtlich kollabierenden Ökosystem nicht mehr abfinden wollen UND aktiv etwas dagegen unternehmen wollen.

 

Zum Autor: Der Autor dieses Buches mit dem markanten Namen, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, ist deutscher Agrarwissenschaftler und Biolandwirt. Als Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologischer Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) vertritt er die Interessen der deutschen Bio-Landwirtschaft, zudem ist er Vorstand des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL).


Zusammen mit seiner Frau und seinen sechs Töchtern führt und bewirtschaftet er selbst das familieneigene Hofgut Habitzheim im südhessischen Odenwald und geht damit als sehr gutes Beispiel voran. Er zeigt uns, wie ökologische Landwirtschaft nachhaltig, umwelt- und ressourcenschonend funktioniert. Weitere Infos siehe: https://www.hofgut-habitzheim.de


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